Dr. Christine Absmeier (re.) mit einigen Teilnehmern der Führung“ Schlossgeschichten“ im Haus der Heimat „Was fasziniert heute noch so viele Menschen am Adel?“ Unter anderem dieser Frage ging die Besuchergruppe von „SPD am Nachmittag“ des Cannstatter SPD-Ortsvereins bei der Führung durch die Wanderausstellung „Schlossgeschichten. Adel in Schlesien“ im Haus der Heimat nach. Aber auch Kindheitserinnerungen und familiäre Bindungen waren Anlass zur Teilnahme.
Spannend und sachkundig war die Führung durch Dr. Christine Absmeier. Sie erklärte am Beispiel des schlesischen Adels, was es mit dem Adel als Stand auf sich hatte, wie Menschen adelig wurden, welche Aufgaben Adelige auf sich nahmen und wie es in einigen Fällen zu dem Besitz kam. Gezeigt wird zum Beispiel ein Dotationsbrief aus dem Jahr 1641, ausgestellt von Kaiser Friedrich III., an Graf Melchior von Hatzfeld über die Herrschaft Trachenberg in Niederschlesien. Er bekam sie als Dank für seine Verdienste für das kaiserliche Heer im Dreißigjährigen Krieg. Der vorherige Besitzer Hans Ulrich von Schaffgotsch war als Anhänger Wallensteins hingerichtet worden und der Kaiser hatte sämtliche Güter der Familie eingezogen. Trachtenberg blieb bis 1945 im Besitz der Familie Hatzfeldt.
In der Ausstellung zu sehen sind wertvolle Leihgaben wie Tafelsilber, Geschirr und Gläser mit den Wappen der Adelsfamilien, ergänzt durch Urkunden und Literatur. Ein besonderer Raum ist den Schlössern gewidmet. Farbige Lithographien aus Alfred Dunckers Buch „Die ländlichen Wohnsitze, Schlösser und Residenzen der ritterschaftlichen Grundbesitzer in der preußischen Monarchie“ zeigen ein breit gefächertes Bild der Lebenswelt und der kulturellen Bedeutung des schlesischen Adels im Spiegel seiner Wohnsitze. Die künstlerisch interessanten Lithographien zeigen die ganze Vielfalt der preußischen Architektur und geben ebenfalls Einblicke in die damalige Gartenkunst. Duncker gelang die Verbindung von historischer und künstlerischer Betrachtung dieses Themas. Die Ansichten waren folglich sehr beliebt und die Veröffentlichung wurde von den Schlossbesitzern, die zum Teil dem oberschlesischen Industrieadel angehörten, unterstützt. Der Reichtum dieser Familien beruhte auf der Förderung von Steinkohle, Zink- und Eisenerz. Heute noch bekannt sind aus diesem Kreis die Familien Ballestrem, Henckel-Donnersmarck und Tiele-Winckler. Adelsfamilien wie Lichnowsky, Oppersdorf oder Zedlitz widmeten sich weitgehend der Gutswirtschaft,
Eine Vitrine ist dem wohl bekanntesten Mitglied des oberschlesischen Adels, Joseph von Eichendorff, gewidmet. Eichendorff kam 1788 auf Schloss Lubowitz bei Ratibor zur Welt und es schmerzte ihn, dass seine Eltern den Besitz verkaufen mussten, weil er unrentabel geworden war.
Das Ende der schlesischen Adelswelt kam 1945. Die meisten Schlösser wurden zerstört oder zerfielen in den folgenden Jahren. Heute kann niemand mehr sagen, wie viele Schlösser und Herrensitze es in Schlesien gegeben hat. In den letzten Jahren wurden jedoch vielfältige Anstrengungen unternommen, das kulturelle Erbe Schlesiens wieder zu beleben.
Die Teilnehmer an der höchst interessanten Führung für „SPD am Nachmittag“ diskutierten anschließend insbesondere, was aus den Familien geworden ist und wie die Wiedergutmachungszahlungen zu Stande kamen.
Inge Utzt